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Januar 2021

Jakob Bräckle, "Roter Schuppen im Schnee" , 1980

Für Jakob Bräckle war es die Landschaft Oberschwabens, die ihm Modell, Inspiration und Anspruch war. Anspruch gemeint als die Herausforderung, Sichtbares nicht nur abzumalen, sondern den Gehalt der Informationen zu verstärken, auszuloten, zu interpretieren. Bräckles meist handtellergroßen Bilder tragen eine innere Monumentalität in sich und sind in ihrer gestischen Malweise im besten Sinne realistisch. Man kann die Ackerschollen auch haptisch überprüfen, die Gräser wachsen aus der Bildfläche heraus: ein großer Maler.
Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts sah Bräckle bei dem Architekten Hugo Häring, der nach seiner Berliner Zeit wieder in seine Heimat Biberach zurückgekehrt war, Bilder von Kazimir Malevich, die dieser aus einer 1927er Ausstellung vor den Nazis versteckt hatte.  Bräckle erstarrte künstlerisch weil er dort sah, was er eigentlich immer wollte: die Essenz des Gesehenen zu Verbildlichen, ohne die Gegenständlichkeit verlassen zu müssen. Eine schöpferische Krise folgte, nur wenige Bilder entstanden in der ersten Hälfte der 50er Jahre, aber dann folgte Bräckle in großer Konsequenz seinem inneren Schauen. Zwar entstanden weiterhin die kleinen plain-air-Bildchen, daneben aber stehen nun die großen und bedeutenden Atelierbilder der Sommer- und Winterlandschaften, die in ihrer inhaltlichen Konsequenz herausragende Werke des 20. Jahrhunderts sind.
Der Rote Schuppen im Schnee löst im Betrachter alle Emotionen aus, die ein Winter für uns bedeutet: die Augen können ob der geschlossenen Schneeflächen ausruhen, die zarten Valeurs lassen auch blasse Farben blühen und auch die Kälte der erstarrten Landschaft ist spürbar. Über allem aber liegt die Emotion des Malers, der eins mit seiner Heimat Oberschwaben geworden ist: Zärtlichkeit.