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Januar 2022

Franz Sequenc "Halden III (Halden unter Kranbrücke)", 1976

Ende des Monats eröffnet in Waiblingen eine Ausstellung mit Werken von Franz Sequenc, veranstaltet von seinen Schülern als Hommage an den beliebten Kunsterzieher und Lehrer. Diese erste namhafte Ausstellung nach über zwanzig Jahren gibt zu denken: Künstler, die aufgrund ihrer Maltechnik ein zahlenmäßig überschaubares Œuvre haben, verschwinden in Privatsammlungen und werden unsichtbar. Hier teilt er das Schicksal seines Malerfreundes Axel Arndt. Dazu kommt: Siebzehn Jahre nach seinem frühen Tod befindet sich die Welt, wie Franz Sequenc sie sah, in großer Veränderung. Man spricht vom postindustriellen Zeitalter, von einer Gesellschaft in Transformation, von einem gravierenden Wandel unserer Lebensverhältnisse. In wachsender Geschwindigkeit nehmen wir an einer Entwicklung teil, die Gewissheiten des 20. Jahrhunderts pulverisiert. Wir sehen in einer Zeit des „home office“ und der Energiewende - wie immer man zu diesen Entwicklungen stehen mag - prophetisch die Ruinen der Bürohochhäuser, die stillgelegten Anlagen der Automobilindustrie bisherigen Zuschnitts, die abgeschalteten Kraftwerke jeglicher Art.

Was Franz Sequenc wohl zu solcher Entwicklung zu sagen gehabt hätte? Es war doch so, dass seine Bilder einer angeblich technikgläubigen Welt den ästhetischen Widerspruch herausforderten, was schön sei und schön schien. Sind seine Bilder also nichts anderes als vorausgedachten Relikte eines zu Ende gehenden Zeitalters? Hat er etwa mit seinem Landsmann Adalbert Stifter das „sanfte Gesetz der Natur“ nur weitergedacht und eine sanfte Apokalypse gemalt? Stehen wir bei seinen Bildern am Beginn einer veränderten Rezeption, die - ähnlich wie Caspar David Friedrichs Gemälde die Romantik des 19. Jahrhunderts konstituierten – in einer völlig anders gearteten Romantik das 20. Jahrhunderts bewahren wird?

Franz Sequenc war Realist, als Maler wie als Mensch; das Werk „HaldenIII“ zeigt alles, was ihn als Künstler ausmacht: bei aller Poesie nüchtern, analytisch und mit der Gewissheit des Erkennbaren und Machbaren ausgestattet. Die Perspektive, durch ein Stahlgerüst auf die Wirkung von Maschinen zu blicken, zieht uns in den Bann. Bannung – das sollen Bilder, hat Otto Dix einmal gesagt.